Vom 02. bis zum 10.07. hatte ich die Ehre mit der Deutschen Schachjugend auf einen schachlichen und kulturellen Austausch nach China, genauer nach Bengbu zu fahren. Wir (das waren, Malte Ibs, Tim Lengler, Georg Müller, Nicolas Lagassé, Patrick Terhuven, Marcel Martin und ich)  wurden vom Jinhong Chess Club eingeladen, der uns einen sehr angenehmen Aufenthalt in Bengbu, Nanjing und Shanghai überhaupt erst ermöglichte.  Im Folgenden versuche ich nun tageweise meine überwältigenden Erfahrungen, die ich machen durfte, zusammenzufassen und vielleicht dem Leser das „wahre“ China etwas näher zu bringen. Ich wünsche beim Lesen meines kleinen Reiseberichtes nun viel Spaß.

02./03. Juli

Was soll ich dazu schon großartig erzählen, den ersten Tag verbrachten wir in Fliegern. Zuerst ging es von Berlin aus nach München – dieser Flug war harmlos, betrug seine Flugzeit doch nur 1,5 Stunden. In München angekommen, hatte ich erstmal ausgiebig Zeit meinen neuen Check-In Schalter zu finden. Leider lag dieser am anderen Ende des Flughafens, was eine umfangreiche Suche beinhaltete. Einmal den Schalter gefunden, nahm ich mir Zeit, um erstmal zu frühstücken, das bedeutete ein belegtes Brötchen für mich und eine Flasche Wasser aus dem Edeka am Flughafen.Danach irrte ich mal hier mal dort hin, bestaunte unter anderem die Bühne für das Public Viewing am Münchner Flughafen (wofür man es auch immer brauchen sollte, ich bezweifle jetzt mal, das die Leute an einem internationalen Flughafen Muße für ein Spiel, welches auf Deutsch kommentiert ist, aufbringen.). Schlussendlich setzte ich mich vor meinen Check-In Schalter. Kurz darauf, stieß auch schon Malte (unser Gruppenleiter) in Begleitung zu mir und nach kurzer Zeit hatten wir uns alle gefunden und waren abflugbereit. Nach einem reibungslosen Check-In konnten wir dann schlussendlich unser Flugzeug besteigen und hatten nun einen 8-stündigen Flug vor uns. Dieser war jedoch überraschend entspannt. Air China hatte auf Langstreckenflügen jeweils die mittlere Reihe der dreier Sitze weggelassen, was einen komfortablen Platz ergab. Das Unterhaltungsprogramm, bestehend aus Musik, Filmen, Spielen u.ä. war ebenfalls sehr zufriedenstellend und das Essen im Flugzeug war nicht allzu mies und es gab zu jeder Zeit Wasser oder andere Getränke umsonst. Dann war es nach 8 Stunden Flug, die sich wie eine halbe Ewigkeit angefühlt haben, geschafft und wir landeten in Beijing (Peking). Unser Flug hatte eine Stunde Verspätung, sodass nun alles sehr schnell gehen musste. Wir erreichten noch rechtzeitig unser Gate. Wie wir später erfahren sollten, hatte unser Gepäck, welches direkt umgeladen werden sollte, es allerdings nicht geschafft und kam erst mit dem nächsten Flug. Über den Flughafen Beijing könnte ich schon wieder eine eigene Ausführung schreiben, so mächtig war er. Es sei hier nur eins erwähnt, es wird ein eigenes Zugsystem benötigt, um die Reisenden halbwegs ordentlich von A nach B zu befördern. Dann ging es schon wieder in ein Flugzeug Air Chinas diesmal allerdings nur für zwei Stunden Richtung Shanghai. Der Flug verlief reibungslos. Der Flughafen Shanghai ist zwar kleiner als der in Beijing, allerdings nimmt er noch immer Dimensionen an, die man sich gar nicht vorstellen kann (auch wenn dieses mal alles erlaufbar war). Dann aber der große Schock: unser Gepäck war noch in Beijing und kommt erst mit dem nächsten Flieger von Beijing, so dass wir unser Gepäck erst gegen Mitternacht empfangen konnten. Nachdem wir diesen Schrecken überwunden hatten wurden wir auch sogleich freundlichst vom Manager des Jinhong Chess Clubs (der selbst etwas Deutsch sprach) sowie einer unserer Übersetzerinnen, Tina, empfangen. Im Anschluß wurden wir auch von großen Autos abgeholt und erstmal in die Shanghaier Innenstadt gefahren. Auf der Fahrt bot sich uns ein seichter Querschnitt der chinesischen Gesellschaft. Nach slumartigen Wohnsiedlungen am Rande der Stadt folgten Wolkenkratzer, die höher waren als alles mir Bekannte. Danach wurden wir in ein Restaurant „entführt“ und es wurde groß aufgetafelt. Manche Dinge kannten wir zwar auch aus Deutschland, aber die meisten Speisen waren außergewöhnlich bzw. ungewohnt, also genau das, was man von einer Reise nach China erwartet. Es gab Lotuswurzel, Entenzunge und weniger exotische Dinge wie Rinderfleisch auf einer interessanten Chili-Erdnuss Soße oder Teigtaschen. Hiernach wurden wir noch an die Uferpromenade Shanghais geführt und stiegen schlussendlich in den Zug nach Bengbu. Dort angekommen wurden wir auch sogleich in unser Hotel gefahren und in einen etwas abgeschiedenen Raum geführt. Dort gab es wieder ein großes Dinner zu verspeisen (mein Grundsatz hieß, spätestens ab da, einfach zu schaffen alles mal zu probieren und nicht davor satt zu sein). Mit uns am Tisch saßen wichtige Personen des Jinhong Chess Clubs, sowie bekannte Persönlichkeiten von Bengbu (wie z.B. der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas Bengbu, sprich der Bürgermeister). Wie ich später erfahren sollte leistete ich mir hier auch meinen ersten Affront, indem ich den angebotenen Reiswein, Rotwein und die Zigaretten ablehnte, welche als Freundschaftsgeste verstanden werden sollten. Als alle satt waren und sich unser Gastgeber vom Tisch erhob, gingen wir auf unsere Zimmer. Wir merkten auch bald, dass hier sicher nicht gegeizt wurde. Die Zimmer waren zwar pragmatisch, aber sehr komfortabel und luxuriös ausgestattet. Nach fast 48 Stunden mehr oder weniger wach sein, hatte keiner mehr große Ausdauer und wir schliefen ziemlich schnell ein. So endete unser erster Tag in Bengbu.

04.07.

Mit Beginn des zweiten Tages stellte ich zweierlei Dinge fest: einerseits hatten mein Zimmergenosse Georg und ich verschlafen (wie im Übrigen auch so ziemlich jeder andere), andererseits stellte ich fest, dass der Smog in Bengbu vergleichsweise vernachlässigbar war. In Beijing war er wie Nebel, in Shanghai wie eine Wolkendecke, aber hier in Bengbu ähnelte es eher einer seichten Schicht aus Schornsteinrauch.  Nachdem wir uns dann schnellstens fertig gemacht hatten, gingen wir zum Frühstück und stellten fest, dass auch dieses üppig ausfiel und ebenfalls warm war. Es galt wieder viele verschiedene Gerichte  zu probieren und ich stellte fest, dass mir „chinesisches Brot“ (so ähnlich wie Teigtaschen ohne Füllung) ziemlich gut schmeckte. Danach wurden wir wieder von unseren Fahrern abgeholt und zusammen mit dem Manager und Tina ging es zu einem Gebäude einer Firma mit dem Namen „Sun Rise“. Die Firma wurde von einem Milliardär geführt und unterstützte den Jinhong Chess Club großzügig, später sollten wir durch die Blume erfahren, dass unser ziemlich luxuriöser Aufenthalt erst durch diesen Investor möglich war. Der Milliardär war ein großer Immobilienunternehmer in ganz Bengbu oder sogar darüber hinaus, zumindest die Werbung bis nach Shanghai ließ darauf schließen. Vor uns war eine große Tribüne aufgebaut, wir wollten nicht erahnen wie hochoffiziell unsere Ankunft gehandhabt wurde. Wie wir feststellten waren schon gefühlt sämtliche Lokalzeitungen vor Ort sowie eine Kamera inklusive Reporterin des chinesischen Fernsehens CCTV. Schon über das erstaunt, überraschte es uns nicht mehr so stark, dass dann zur offiziellen Eröffnung die deutsche Nationalhymne gespielt wurde und es eine Reihe von Reden gab. Danach wurden wir unter Salut des Sicherheitspersonals in eine luxuriöse Pagode geführt in der wir unsere Partien spielen sollten. Aber erstmal hieß es Fotos machen, wir waren wahrscheinlich das größte Lokalereignis an diesem Tag, viele Leute und Reporter wollten Fotos mit uns bzw. von uns. Danach wurden wir darum gebeten kurz zu warten, „natürlich“ wurden wir in dieser Zeit von Damen in Grün bedient (Nicolas, wenn du das liest, wie geht  es eigentlich „rockstar“?), die uns vor allem mit Tee versorgten. Dann begann die erste Runde. Meine Partie war gut, ich stand schnell auf Gewinn, dann jedoch unterlief mir ein Fehler, er war nicht ganz offensichtlich und schwer auszukontern. Mein Gegner ließ sich Zeit und 10 Züge später durfte ich aufgeben, vor allem, da er die Analyse in weniger als einer halben Stunde vornahm (wir hatten eine Bedenkzeit von einer Stunde). Ich war von der Rechenkraft meines Gegners beeindruckt. Danach folgte eine Analyse mit dem Trainer und weiteren Leuten, wo alle Varianten besprochen wurden. Es wurde festgestellt, dass ich nach meinem Fehler keinen Ausweg mehr hatte und dass zuvor das Spiel meines Gegners vor allem strategische Mängel aufwies. Wir übergaben unseren Gegnern jeder ein Chessiekuscheltier (dieses Geschenk, sollte Ereignisse auslösen, die wir nicht ahnen konnten). Im Gesamtergebnis verloren wir viereinhalb zu eineinhalb. Jedoch war dies kein Grund für eine bedrückte Stimmung, da es nicht primär darum ging zu gewinnen, sondern gute und vor allem faire Partien abzuliefern, bei denen beide Seiten Spaß hatten und da dies gegeben war, hatte keiner von uns Grund zu trauern. Viel Zeit blieb uns ohnehin nicht zu trauern, wir wurden wieder von großen Wagen abgeholt und in ein feines Restaurant  in einen Nebenraum geführt. Ich glaube, der werte Leser kann sich vorstellen was geschah. Danach ging es nur kurz zurück zum Hotel, ehe wir wieder zum Anwesen gefahren wurden, um die zweite Runde zu spielen.  Jetzt glich der Ort schon eher einem Schachlokal, es waren zwar für deutsche Verhältnisse übermäßig viele Kibitze anwesend, aber es gab keine Kameras oder Reporter mehr. Ich möchte nicht zu viele Worte verlieren, wir verloren wieder. Danach ging es noch in die Innenstadt von Bengbu. Die erste Feststellung meinerseits war, dass die Leute wegen Ermangelung an Parks, sich viel auf der Straße oder an der Sporthalle auslebten. Es gab von Federball über Gesellschaftstanz bis zu Kettenschwingen viele Aktivitäten zu bestaunen. Man hatte den Eindruck, dass die Stadt gegen Abend noch einmal richtig auflebte. In der Mitte der Stadt fanden wir einen Stein, der angeblich 3000 Jahre alt sein soll. Das ist einfach nur beeindruckend, da der Stein aufwendig verziert war und ich mir den Stand der europäischen Entwicklung zu dieser Zeit nicht einmal vorstellen will. Nach weiteren Gängen über z.B. einen schön gestalteten Teich ging es noch Abendbrot essen und dann schon zurück ins Hotel. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass Nicolas Go (Weiqi) schon kannte und die anderen auch großes oder mittleres Interesse für das Spiel aufbrachten, war auch schnell die Abendbeschäftigung gefunden. Natürlich konnte dies nicht gegen das Viertelfinalspiel Deutschlands gegen Frankreich bestehen, welches breitere und größere Begeisterung hervorrief. Das Spiel wurde von CCTV 5 übertragen, war aber natürlich mit chinesischem Kommentar. Da ich nicht unbedingt der größte Fußballfan bin erspare ich mir Erläuterungen über das Spiel. Danach hieß es aber schnell ins Bett, da das Spiel dank der 6 Stunden Zeitverschiebung erst um Mitternacht begonnen hatte, und gegen halb zwei Uhr morgens endete. So endete auch nun der zweite Tag in Bengbu.

05.07.

Der dritte Tag begann wie der zweite, wir hatten verschlafen.  Danach gingen wir frühstücken und anschließend wurden wir wieder zum Spielsaal gefahren. Danach ging es mit deutlich verringertem Publikum weiter mit der dritten Runde.  Nach einem Abend mit Schlaf verliefen die Partien für uns besser. Wir gewannen diese Runde. Nachdem wir in den ersten Runden unseren Mitspielern vom Gastgeber Geschenke überreicht hatten, kam es jetzt zu einer regelrechten „Geschenkewetteifern“. Wir bekamen immer wirklich interessante und denkwürdige Geschenke, während wir nur symbolhaft wertvolle Geschenke anbieten konnten.  Jedoch stellte das kein Problem dar, da es vor allem um den Gedanken hinter dem gegenseitigen Beschenken ging und nicht um den Wert der Geschenke. Danach ging es wieder zum Mittagessen, um schließlich mit der vierten Runde nach gewohnter Prozedur fortzufahren.  Am Abend hatten unsere Gastgeber eine tolle Überraschung für Nicolas und mich vorbereitet: sie hatten einen Vater einer der Schachspieler  gefragt, eine der Weiqi (Go) Größen Bengbus, und er stand uns für zwei Partien zur Verfügung, die sehr lehrreich waren und einfach eine tolle Abendbeschäftigung darstellten. Anschließend spielten Nicolas und ich noch ein oder zwei Partien bevor  wir uns auch an diesem Tag schlafen legten.

 

06.07.

Der vierte Tag verlief nach dem Rhythmus des dritten und vierten, deswegen möchte ich auch nicht in große Erklärungen wieder verfallen. Etwas möchte ich noch über unsere abendlichen Aktivitäten erzählen, wir wurden in ein Restaurant ausgeführt von dem man einen wunderbaren Blick über Bengbu hatte. Außerdem besuchten wir tagsüber die Schachschule Bengbus. Stolz wurden uns die gewonnen und erworbenen Preise von ehemaligen und noch aktuellen Schülern präsentiert. Die Schule war vergleichsweise einfach nur gewaltig. Es gab so große und zahlreiche Gebäude, dass wir vermuteten es gäbe ein angeschlossenes Internat. Irrtum, aber die Schule war so gewaltig, dass es ein extra Gebäude allein für hygienische und medizinische Zwecke gab. Als nächstes wurden uns aktuelle Schüler vorgestellt, die schon alle einmal Provinzmeister gewesen sind. Gegen diese Auswahl hatten wir die Ehre zu spielen. Ich hatte eine spannende Partie im Königsinder, bei dem mein Gegner schlussendlich ein Matt auf g7 übersah und die ich so gewinnen konnte. Anschließend spielte ich noch ein paar Partien mit Georg und dann war auch schon unser Besuch in der Schule beendet. Ich war gelinde gesagt beeindruckt. Vor allem waren im gesamten Gebäude Bilder von Schülern ausgestellt. Ich war von so viel künstlerische Raffinesse beeindruckt.  Am liebsten hätte ich den uns begleitenden Schulleiter gefragt, ob man ein paar der Bilder kaufen könnte, aber da das mir einfach nur frech erschien, beschränkte ich mich auf ein großes Lob für die Künstler.  Es war aber einfach so beeindruckend, wirklich ich muss mich stoppen, um hier nicht in prüde Schwärmerei zu verfallen. Wir wurden auch vom Schulleiter eingeladen weiteren Kontakt mit seiner Schule zu pflegen, in welcher Form allerdings blieb offen. Zusammengefasst beeindruckte mich Bengbu mit jedem Tag mehr und mehr, einfach die Gastfreundschaft, die uns in beeindruckender Form jeden Tag aufs Neue gezeigt wurde und einfach alles schien in einer ganzen Dimension größer zu sein, als wir es Deutschland kannten. Wir waren auch in einem Park unterwegs. Wir stellten fest, dass viele Leute hier in Pausen versuchten etwas Schlaf zu finden oder sich bei Kartenspielen etwas abzulenken und zu vergnügen. Auch Kinder waren wieder zahlreich im Park vertreten und die Eltern behandelten ihre Kinder eigentlich durchgehend liebevoll. Wir dachten zu diesem Zeitpunkt, dass das unser letzter Tag in Bengbu wäre, aber weit gefehlt, am nächsten Tag sollten wir eines besseren belehrt werden.  Allerdings verabschiedete sich eine unserer Übersetzerinnen bei uns und fuhr zurück in ihre Heimat. Sie überreichte uns zum Abschied alle jeweils eine Postkarte mit ihren Abschiedsgrüßen.  So endete also unser vierter Tag in Bengbu.

 

07.07.

Der fünfte Tag begann mit einer überraschenden Nachricht. Wir sollten noch einen Tag länger in Bengbu bleiben und noch eine siebte Runde gegen unsere Gastgeber spielen.  Wir waren allerdings auch gerne bereit dies zu tun. Wir sollten bis zu diesem Punkt und auch im weiteren Verlauf keinen Grund zur Beschwerde bekommen, also freuten wir uns darauf noch einen weiteren Tag in Bengbu bleiben zu können. Die Runde verlief wie immer ruhig, geordnet und würdevoll. Das Endergebnis sollte an diesem Tag drei zu drei lauten. Wir hatten als Gastgeschenke Postkarten von der Deutschen Schach Jugend angedacht. Womit wir nicht rechneten, dass diese Karten spontan zu Autogrammkarten umfunktioniert wurden. Ich durfte zum ersten Mal in meinem Leben Autogramme geben, ich fühlte mich gelinde gesagt geehrt.  Danach hieß es leider auch schon Abschied nehmen, denn wir sollten die Schachspieler nicht noch einmal treffen. Nachdem wir wieder zu Mittag gegessen hatten, ging es zum Sportamt von Bengbu, wo die letzte Veranstaltung stattfinden sollte. Ich weiß nicht, ob es wirklich so geplant war, aber die Abschlussveranstaltung verlief ziemlich unspektakulär.  Wir wurden in das Büro der Abteilung Schach gefahren, die mit der Verwaltungszentrale des Jinhong Chess Clubs identisch war. Darin wurden wir gebeten zu lernen. Nach kurzer Zeit machte sich jedoch Aktionismus breit und es wurde spontan eine Jugendmannschaft vom Tischtennisbereich nebenan herausgefordert. Nachdem also unsere Wartezeit vorbei war, hieß es noch schnell ein Foto machen vor dem Sportamt zusammen mit den Tischtennisspielern und schon war  die Abschiedszeremonie (wie sie im Plan genannt wurde) beendet und wir gingen zurück in das Hotel. Danach hieß es Tasche packen. Viel mehr gibt es auch nicht mehr von diesem Tag zu erzählen, außer dass sich auch unsere zweite Übersetzerin Tina verabschiedete und zurück in ihre Heimat fuhr. So endete also unser letzter voller Tag in Bengbu, denn am nächsten Morgen sollte es in aller Frühe losgehen.

 

08.07.

Wie es auch geplant war, aßen wir am Morgen nur noch Frühstück und meldeten uns im Hotel ab, dann luden wir unser Gepäck in einen Reisebus und fuhren schon los. Schon bald verließen wir Bengbu, etwas Trauer machte sich bei mir breit, aber ich freute mich schon auf die neuen Erlebnisse, die wir in Nanjing erleben sollten. Die Busfahrt verlief ruhig ohne Aufregung. In Nanjing stellten wir erstmal fest, dass zurzeit ein Großereignis in Form der olympischen Jugendspiele stattfand. Unser Ziel war jedoch ein Park und die Stadtmauer von Nanjing. Beides war sehr beeindruckend. Die Stadtmauer war eines der wenigen Gebäude aus der alten chinesischen Kaiserzeit, die die Kulturrevolution überlebt haben. In der Mauer waren Wünsche und andere Nachrichten von damaligen Arbeitern, Würdenträgern und sogar dem damaligen Kaiser selbst eingeritzt. Auch beim Bau dieser Mauer muss es relativ brutal zugegangen sein, denn alle Arbeiter wurden nach der Fertigstellung hingerichtet, damit sie niemanden die Geheimnisse der Mauern verraten können. So war zum Beispiel eine typische Strategie zur Verteidigung der Stadt, das erste Tor offen zu lassen, so den Feind hereinzulocken, um dann dahinter zuzusperren und so die Feinde in einem Kessel vernichten zu können. Daneben war noch ein kleiner buddhistischer Schrein zu bestaunen, an dem man für Geld einen Wunsch sich denken konnte. Obwohl ich nicht an so etwas glaube, tat ich es dennoch, schaden könne es doch nicht, oder? Sprich wir waren Touristen in einer Großstadt und wir verhielten uns auch so, indem wir zum Beispiel für die unwichtigsten Details manchmal eine große Faszination entwickelten. Wir fuhren weiter zum Mausoleum des Sun Yat-Sens, dem ersten Präsidenten Chinas. Um sein Grab, welches eine große Touristenattraktion darstellte, herum hatte sich natürlich ein ausgiebiger Markt zum Geldfang von Touristen angesammelt, aber das sollte uns nicht stören, bis zum Grab an sich galt es noch einmal eine große Treppe zu überwinden. Am Grab war aber nichts mehr von dem Touristengehasche zu merken, es herrschte ehrgebietende Ruhe, zudem war jegliches fotografieren untersagt (obwohl ein paar Leute, dann doch dieses Verbot zu meiner Verwunderung und Verärgerung ignorierten). In der Zwischenzeit hatte sich zu uns eine neue Dolmetscherin gesellt, die allerdings nur Englisch und Japanisch dolmetschen konnte. Sie versuchte uns alles bestmöglich zu erklären. Am Abend kehrten wir wieder in ein luxuriöses Hotel ein. Auch wenn an diesem Abend um 4:00 morgens das Halbfinalspiel gegen Deutschland sein sollte, war mir klar, dass ich es nicht schauen würde. Aber erstmal ging es noch in die Innenstadt von Nanjing etwas shoppen. Wir kamen auch an einem besonderen Platz vorbei, unsere Dolmetscherin erklärte uns dies sei der „Platz der Gentlemen“. Wir waren ratlos, was dies zu bedeuten haben sollte, bis wir herausfanden, dass die am passendste Übersetzung für das Deutsche eher Rotlichtviertel wäre, auch wenn dies nicht ganz den Terminus trifft. Weiter bekamen wir eine Teeverkostung, welche einfach nur toll war, es gab über Blumentee, grünen Tee, schwarzen Tee und so weiter vieles zu probieren. An den kleinen Ständen gab es auch viele Produkte zu erwerben und zu bestaunen, die mal sinnvoll und mal weniger sinnvoll erschienen. Nach unserem Bummel durch die Straßen Nanjings hieß es dann entweder ins Bett zu gehen oder bis 4:00 Uhr morgens auf das Spiel zu warten. Ich entschied mich für ersteres. Am nächsten Tag sollte es gleich weiter nach Shanghai gehen, also verabschiedeten wir uns auch schon innerlich von Nanjing, so ging unser Tag in Nanjing zu Ende.

09.07

Nachdem wir also auch hier wieder die „Zelte abbrachen“ ging es mit dem Bus weiter nach Shanghai. Wo wir unsere Reise begonnen hatten, sollte sie also auch wieder enden, das hatte ja schon fast ironische Züge. Aber erstmal gingen wir wieder Mittag essen und nun erfuhren wir auch, was sich hinter den ganzen Mauern in Shanghai befand. Wir sahen verfallene Häuser, in denen Menschen – wahrscheinlich in Armut – lebten. So erfuhren wir auch einen Hauch der Schattenseiten Chinas. Wir wurden ziemlich schnell weggeführt. Danach gingen wir in ein eher einfaches Restaurant essen, um danach über die Straßen und die Uferpromenade Shanghais zu flanieren.  Die Uferpromenade war wirklich sehr schön und wir machten wieder viele Fotos mit uns unbekannten Chinesen oder einfach so. Mir war schon etwas wehmütig zumute, solle doch die Chinareise noch am nächsten Tag um 1:00 Uhr morgens mit unserem Abflug enden. Wir spazierten also noch ein bisschen durch Shanghai. Ich habe festgestellt, dass ich in allen drei Städten keinen einzigen Buchladen gefunden hatte und dabei wollte ich doch als Mitbringsel auch ein paar Bücher bzw. Zeitschriften haben. Vor einer Luxusmall an der Bushaltestelle endete jedoch endlich meine Suche in der Form eines wirklich kleinen Zeitungsstandes. Wir wurden darauf noch kurz in die Mall geführt, allerdings nur zum Umsehen, denn wirklich leisten konnte man sich hier nichts. Danach aßen wir noch ein letztes Mal mit unseren Gastgebern zu Abend, um dann zum Flughafen zu fahren. Die Verabschiedung gestaltete sich sehr herzlich und jeder, der mit uns mitgereist war, verabschiedete sich auf seine Weise bei uns. Dann gingen wir zum Check-In Schalter von Air China, diesmal war es ein Direktflug nach München.

 

10.07.

Wir mussten noch einige Zeit im Transitbereich verbringen, aber gegen 1:00 Uhr startete unser Flug. Der Flug gestaltete sich ähnlich wie auf dem Hinflug, deswegen möchte ich dazu nicht zu viele Worte verlieren, nur es verlief alles problemlos. Am Flughafen München war es dann soweit auch voneinander Abschied zu nehmen, denn die Weiterreise gestaltete sich bei vielen unterschiedlich. Aber so muss nun mal jede Reise enden, also endete auch diese so. Ich ging wieder durch den halben Flughafen oder sogar mehr. Unterwegs kaufte ich mir noch eine Zeitschrift und dann wartete ich nur noch auf meinen Flug. In Berlin angekommen wurde ich auch schon von meiner Familie empfangen. So endete meine Chinareise.

 

Schlussworte:

Die Reise nach China war wohl eine der interessantesten und bereicherndsten Erfahrungen, die ich in mein Leben machen durfte. Ich bedanke mich an die Deutsche Schach Jugend für die Organisation und Malte für die einwandfreie Leitung der Reise und natürlich bedanke ich mich bei meinen Mitreisenden. Ob Nanjing, Bengbu oder Shanghai die Reise war so interessant und einfach nur eine einmalige Erfahrung. Ich werde nie meine Erlebnisse vergessen und hoffe ich konnte sie wenigstens ein wenig dem Leser näher bringen.

Tim Czech

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